Derzeit plant die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern (MV), das Polizeigesetz zu verschärfen. Die Polizeigesetze regeln in allen Bundesländern, was die Polizei bei Ermittlungen und in ihren Einsätzen tun darf. In MV heißt das Gesetz „Sicherheits- und Ordnungsgesetz“, kurz: SOG. Dieses Gesetz wird demnächst im Landtag von MV besprochen.
Noch können wir es ändern! Noch können wir es verhindern!
Die neuen Polizeigesetze, die derzeit in vielen Bundesländern veröffentlicht werden, geben der Polizei mehr Macht und Möglichkeiten, die Rechte von „Verdächtigen“ zu verletzen. Das ist ein Problem, denn es gibt in Deutschland keine unabhängige Stelle, die die Polizei kontrolliert. Falsche Verdächtigungen oder z.B. rassistische Ermittlungen haben für die Polizei meistens keine Konsequenzen.
Wir fordern deshalb:
- Gesetze müssen grundsätzlich leicht verständlich sein, sodass jede*r sie verstehen kann! Polizeigesetze müssen eindeutig sein, um die Rechte der Bürger*innen auch vor der Polizei zu schützen!
- Die Erlaubnis zur Überwachung darf es nur für bestimmte, tatsächlich gefährliche Personen geben!
- Verletzungen der Grundrechte müssen für die Polizei so schwer wie möglich sein! Sie müssen streng kontrolliert werden!
- Es muss eine unabhängige Kontrolle der Polizei geben!
- Demokratie und Freiheit dürfen nicht für Angst und sogenannte „Sicherheit“ geopfert werden!
Was ist falsch am Entwurf für das neue Polizeigesetz für MV?
Das Polizeigesetz verletzt an vielen Stellen die Grundrechte der Bürger*innen. In einem demokratischen Staat ist es wichtig, dass die Polizei nicht einfach machen kann, was sie will. Sie wird kontrolliert. In Deutschland bedeutet das, dass die Polizei in der Regel die Erlaubnis eines Richters oder einer Richterin braucht, wenn sie bestimmte Grundrechte von Bürger*innen verletzt. Das neue Gesetz macht es für die Polizei öfter möglich diese Erlaubnis erst im Nachhinein einzuholen. Zudem ist geplant, dass die Polizei Beweise, die gegen die Polizei sprechen, einfach einbehalten darf.
Im neuen Polizeigesetz soll es für die Polizei einfacher werden, Menschen zu überwachen. In der politischen Diskussion geht es hier oft um „Terroristen“. Die Statistik zeigt aber, dass davon hauptsächlich Menschen betroffen sein werden, die mit Drogen handeln oder klauen.
Was steht im Entwurf für das neue Gesetz?
- „Anhaltspunkte“: Die Polizei muss dem Richter/der Richterin keine Tatsachen mehr nennen, warum sie jemanden überwachen wollen. Es reicht, wenn sie „tatsächliche Anhaltspunkte“ nennt – oder ehrlich formuliert: Wenn sie vermutet, jemand wäre gefährlich.
- „Zufälliger Kontakt“: Laut dem neuen Gesetz muss man selbst keine Straftat planen oder davon wissen, um überwacht zu werden. Man muss nur zufällig mit jemandem Kontakt haben, der das tut: Freund*innen, Familienmitglieder, Mitbewohner*innen.
- Videoaufnahmen: Die Polizei soll Großveranstaltungen filmen dürfen. Open Air Konzerte, Fußball-Stadien sind der Anfang – zur Überwachung der Meinungsfreiheit auf Demonstrationen ist es nicht weit.
- „Staatstrojaner“: Für die Polizei soll es einfacher werden Überwachungs-Software auf Computer und Handys von „Verdächtigen“ zu installieren. Es soll auch einfacher werden Kameras und Mikrofone in Wohnungen von „Verdächtigen“ zu verstecken.
Verschärfte Polizeigesetze in Deutschland bereiten uns auch deshalb Sorge, weil sie der Polizei mehr Macht geben. Die Vermutung, wer ein Verbrechen begehen könnte, hängt immer vom persönlichen Weltbild und den Vorurteilen einzelner Polizist*innen ab. Eine Vermutung ist kein sachliches Kriterium und kann nicht kontrolliert werden. Dies öffnet polizeilicher Willkür Tür und Tor und ist als Demokratieabbau in unserem Staat zu bewerten und abzulehnen!
Grundrechtsverletzungen für Geflüchtete rückgängig machen!
In den letzten Jahren gab es neben den Verschärfungen der Polizeigesetze einige Verschärfungen der Aufenthalts- und Asylgesetze. Auch diese werden oft mit „Sicherheit und Ordnung“ begründet. Die Grundrechte der Geflüchteten und Asylsuchenden werden bereits jetzt stark verletzt. Wir müssen davon ausgehen, dass hier Technik und Verfahren erprobt werden, die später auch auf andere Bürger*innen angewendet werden können.
- Grundsätzlich holt sich die Polizei keine Durchsuchungsbeschlüsse, wenn sie bei Abschiebungen in die Wohnungen der Geflüchteten eindringt. Ein Gericht in Hamburg hat im Februar festgestellt, dass das ein Verstoß gegen Artikel 13 des Grundgesetzes ist. Akzeptiert das auch in Mecklenburg-Vorpommern nicht! Klagt dagegen!
- Seit 2017 darf das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die Handydaten von Asylsuchenden vollständig kopieren und auswerten. Im Jahre 2019 ist das in etwa so, als wenn die Polizei in eine Wohnung geht, jedes Stück Papier, jeden Brief, jedes Fotoalbum, jeden Notizzettel mitnimmt und kopiert. Kaum etwas ist so privat wie das eigene Handy.
- Im neuen Gesetzes-Entwurf „Geordnete Rückkehr“ möchte das Bundesinnenministerium die Abschiebehaft vereinfachen. Menschen sollen in Haft – ohne eine Straftat begangen zu haben. Die Kriterien, wer in Haft genommen werden darf, werden dabei so weit gefasst, dass sie schlichtweg auf jede*n zutreffen.
Für die Rechte der Geflüchteten interessieren sich leider wenige Menschen. An ihnen kann gut ausprobiert werden, was der staatliche „Sicherheits“-apparat sich wünscht. Das dürfen wir nicht akzeptieren – für die Rechte jedes/jeder Einzelnen!
Für unsere Freiheit! Für unsere Rechte! Think big!
Kontroll-Wahn und Demokratie-Abbau geschehen nicht nur in Deutschland. Viele unserer Freundinnen und Freunde haben Dinge erlebt und sich dagegen gewehrt, die in Deutschland hoffentlich nie wieder Realität werden.
… Al Sisi sichert seine Macht auf Lebenszeit in Ägypten
… Assad foltert in unterirdischen Knästen
… Menschenrechtler*innen im Iran erdulden täglich Peitschenhiebe und Hinrichtungen
… in Honduras wird die Opposition gewaltsam unterdrückt
… und tausende andere menschenfeindliche autoritäre Schweinerein
Wenn wir für demokratische Gesetze in Deutschland kämpfen, kämpfen wir auch immer für Demokratie und Menschenrechte auf der ganzen Welt.