Das Bündnis SOGenannte Sicherheit übt scharfe Kritik am Gesetzentwurf zur Verschärfung des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (SOG), der diese Woche von der Landesregierung beschlossen wurde. „Die Pressemitteilung des Innenministeriums legt nahe, dass die Kritik, die zum im Januar verbreiteten Entwurf geäußert wurde, von der Landesregierung leider nicht aufgenommen wurde“, so Michael Milz, Sprecher des Bündnisses. Stattdessen wurde zusätzlich ein Festhalterecht für Ordnungsbehörden eingefügt. „Damit erhalten Verwaltungsangestellte Befugnisse zur Gewaltanwendung, die schon aus Gründen der Ausbildung bisher der Polizei vorbehalten waren.“

Eine noch gravierende Aufweichung der institutioneller Trennung sieht das Bündnis aber darin, dass die Befugnisse der Polizei in Bereichen ausgeweitet werden, die typischerweise ins Repertoire von Geheimdiensten gehören. Dies betrifft insbesondere heimliche Datenerhebungen. „Die Onlinedurchsuchung greift besonders tief in die Privatsphäre der Betroffenen ein“, so Milz weiter. „Dass dazu Staatstrojaner eingesetzt werden sollen, durch die Sicherheitslücken in IT-Systemen befördert und nicht geschlossen werden, macht sie zu einem rechtsstaatlich inakzeptablen Mittel.“ Nicht nur diese, sondern auch zahlreiche weitere Maßnahmen sollen sich zudem auch explizit gegen Personen aus dem Umfeld von Verdächtigen richten können. Und bei der Überwachung von Großveranstaltungen sind von vornherein und unterschiedslos alle betroffen. „Es kann nicht sein, dass Unbeteiligte zunehmend ins Visier der Polizei rücken, und einen Generalverdacht gegen die Bevölkerung darf es erst recht nicht geben“, so Milz.


Auch die Behauptung, dass das Gesetz auf die „drohenden Gefahr“ verzichtet, weist das Bündnis als Etikettenschwindel zurück. „Es wird zwar nicht im Wortlaut verwendet, doch wurde das Konzept schon letztes Jahr bei der sog. elektronischen Fußfessel eingeführt“, erläutert Milz. „Nun wird es massiv ausgeweitet, indem zahlreiche Befugnisse auf diese Norm verweisen.“ Dass die Polizei immer öfters eingreifen soll, bevor eine konkrete Gefahr entsteht, schränkt die Freiheitsrechte zugunsten vermeintlicher Sicherheit immer weiter ein.

Die Pressemitteilung verschweigt auch, das gewichtige Forderungen des Landesdatenschutzbeauftragten nicht aufgegriffen wurden. Diese soll bei Datenschutzverstößen weiterhin nur mahnen dürfen, aber nicht selbst eingreifen, wie es das EU-Recht vorsieht. Angesichts der zahlreichen Fälle von Datenmissbrauchsfälle, die zuletzt auch in M-V bekannt wurden, wäre das das Mindeste gewesen. „Bei den immer weitergehenden Kompetenzen sollte es darüber hinaus eine unabhängige Beschwerdestelle geben, die Fehlverhalten umfassend aufklärt, wie es in anderen Ländern Europas schon lange praktiziert wird“, so Milz abschließend. „Wir hoffen und setzen uns dafür ein, dass unsere Kritik im parlamentarischen Verfahren Gehör findet und der Gesetzentwurf entsprechend angepasst wird.

Das Bündnis SOGenannte Sicherheit ist ein überparteiliches Bündnis, dass sich gegen die geplante Polizeigesetzverschärfung in MV richtet. Es wird von zahlreichen Gruppierungen und Einzelpersonen aus Politik, Kultur, Sport und anderen Bereichen der Zivilgesellschaft unterstützt. Dazu findet am Sonntag, den 16.6.2019, ab 12 Uhr eine zentrale Kundgebung in Schwerin statt.